Das Modellprojekt wurde in seiner Laufzeit vom 1.5.2020 bis 30.4.2023 durch die Stiftung Wohlfahrtspflege des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW) gefördert.
Derzeit gibt es keine spezifischen Forschungsarbeiten darüber, welche Hilfen für Kinder im Vorschulalter von psychisch belasteten oder erkrankten Eltern wirksam sind.
Erzieher*innen in Kitas erleben, dass insbesondere Kinder mit einem psychisch belasteten oder erkrankten Elternteil Schwierigkeiten haben, sich zu integrieren und sich altersgemäß zu entwickeln. Oftmals sind sie zurückgezogen und können ihr Verhalten nur schlecht steuern. Die Erzieher*innen würden sie gerne gezielter dabei unterstützen, um ihre Resilienz zu erhöhen. Doch fehlen hierzu Methoden, Konzepte und Ansätze für diese Zielgruppe.
Die besonderen Probleme der Kinder aufgrund ihrer familiären Belastungssituation sind Isolation, Betreuungsdefizite, Verantwortungsverschiebung, Abwertungserlebnisse, Loyalitätskonflikte, Desorientierung, Schuldgefühle, Tabuisierung, Alltagsbelastungen.
Abgeleitet von der Zahl an Familien mit Kindern im Alter bis 18 Jahre und der Rate psychisch erkrankter Menschen kann man für Deutschland von ca. 3,8 Millionen betroffener Kinder und Jugendlicher ausgehen. Die Anzahl von psychisch belasteten Eltern dürfte noch deutlich höher liegen. In NRW wären demnach ca. 800.000 Kinder betroffen.
Laut Studien ist jedes 6. Kind von einer psychischen Erkrankung der Eltern betroffen. Derzeit werden in Kindertageseinrichtungen in NRW 584.838 Kinder betreut. 427.081 von ihnen sind zwischen 3 und 6 Jahre alt. Für NRW würde das für die Altersgruppe der 3-6-Jährigen bedeuten, dass 71.180 Kinder betroffen sind. 65.557 davon befinden sich in einer Kindertageseinrichtung.
Jedoch erkrankt nicht jedes Kind im weiteren Verlauf seines Lebens. Die Resilienzforschung hat unterstützende Faktoren identifiziert, die zu einer eigenen psychischen Stabilität im weiteren Leben beitragen. Auch kleinere Kinder können von diesem Ansatz profitieren. Für die Zielgruppe der 3-6-Jährigen, gibt es bislang kaum Praxisprojekte, in denen dieser Ansatz umgesetzt und erprobt wurde.
„Es gibt erhebliche Unterschiede in der Resilienz von Kindern und Erwachsenen“, erklärt Prof. Dr. Albert Lenz, der das Projekt begleitet und seit über 20 Jahren zum Thema forscht und maßgebliche Bücher und Artikel dazu verfasst hat. Er sagt: „Resilienz bei Kindern baut auf grundlegende und verlässliche Beziehungen auf.“ Diese Bedingung ist sicher erfüllt, wenn Eltern in der Familie leben, die die Zeit und Muße haben, emphatisch auf die Bedürfnisse des Kindes einzugehen. Darüber hinaus können weitere Bezugspersonen wie Erzieher*innen oder Großeltern an dieser Stelle für die Entwicklung der Kinder hilfreich sein. Für Prof. Dr. Albert Lenz sind soziale Beziehungen für die Resilienzentwicklung der Kinder unabdingbar: die Interaktion, das Reagieren auf Befindlichkeiten, all dies sind Pfeiler, auf denen Resilienz aufbauen kann.
In Kitas ist die Förderung der Resilienz bei Kindern und Eltern bislang kaum ein Thema. Diese Lücke soll dieses Projekt füllen.
Eine zentrale Position im Modellprojekt übernehmen die Erzieher*innen, die eine Schnittstelle zu den Kindern, Eltern und anderen Projektbeteiligten innehaben.
Die Erzieher*innen sprechen mit den Eltern über das Thema Resilienz, etwa auf Elternabenden. Die Erzieher*innen wurden hierzu durch eine Schulungsreihe gezielt vorbereitet und geschult. Den fachlichen Input, z. B. zur Gesprächsführung mit schwierigen Partner*innen oder dem Aufbau und der Nutzung von Netzwerken leisten der Dachverband Gemeindepsychiatrie, die Katholische Hochschule NRW und weitere Expert*innen.
Ein Kernpunkt des Projektes ist die Netzwerkarbeit zwischen einerseits den Kitas und der Gemeindepsychiatrie andererseits aber auch der Kitas untereinander und mit anderen Organisationen vor Ort. Die Netzwerkarbeit ist eine der besonderen Kompetenzen gemeindepsychiatrischer Organisationen. Ihr „Know-how“ stellen sie in diesem Projekt den Kitas zur Verfügung.
Es geht darum, ‚auffällig unauffällige‘ Kinder in den Kitas zu entdecken, mit ihren Eltern ins Gespräch zu kommen und die Eltern zu stärken, zu unterstützen und ihnen, falls nötig, passgenaue Hilfen gemeindepsychiatrischer Netzwerke zukommen zu lassen. Dafür stehen die Trägerorganisationen vor Ort mit ihren Fachkräften bereit, die im Projekt als „Netzwerker*innen“ bezeichnet werden. Durch einen systemischen Ansatz kann Kindern von belasteten oder psychisch erkrankten Eltern frühzeitig geholfen werden.
Die Umsetzung des Modellprojektes erfolgt in vier Regionen. Vier gemeindepsychiatrische Trägerorganisationen unterstützen je drei Kitas in ihrer Region.
Die vier Regionen und die Trägerorganisationen sind:
Die wissenschaftliche Begleitforschung hat die Katholische Hochschule NRW, Abteilung Paderborn, übernommen. Verantwortlich für das Projekt sind: Prof. Dr. Martin Hörning & Prof. Dr. Albert Lenz.
Die Begleitforschung erfolgt durch einen Mix aus quantitativer und qualitativer Befragung der Erzieher*innen, der Eltern und der Kinder. Zentraler Aspekt der Nachhaltigkeit ist die Übertragbarkeit der entwickelten und evaluierten Materialien und Methoden. Als wirksam eingestufte Hilfen können künftig flächendeckend verbreitet und angewendet werden.
Hier gelangen Sie zur Homepage des Modellprojekts (Projektleitung: Thomas Pirsig, stellvertretende Projektleitung: Beate Pinkert).